Das Versicherungsspione-Gesetz ist unverhältnismässig

Es gibt im Bereich der Versicherungen, auch der Sozialversicherungen, wie überall Missbräuche, ja Betrugsfälle – diese gilt es zu verhindern. Bei der überhasteten Ausarbeitung der Überwachungsvorlage hat das Parlament aber massiv überbordet und die Schleusen für unverhältnismässige Observationen geöffnet.

Die vom Parlament beschlossenen Überwachungsmöglichkeiten betreffen die AHV (Hilflosenentschädigung), die IV, die Unfall-, Arbeitslosen- und die Krankenversicherung. Damit dürften praktisch sämtliche Einwohner und Einwohnerinnen der Schweiz unter den Anwendungsbereich der Überwachungsregeln fallen – und werden damit zukünftig unter Generalverdacht stehen.

 

Laut Gesetz darf überwacht werden, wenn durch einen „konkreten Anhaltspunkt“

anzunehmen ist, dass die versicherte Person unrechtmässig Leistungen bezieht oder «zu

erhalten versucht». Was heisst aber „konkrete Anhaltspunkte“, was heisst „Leistungen zu

erhalten versucht“? Und wenn jemand vom Nachbar rachegesteuert anzeigt wird?

Versicherungen dürfen die Observationen selber veranlassen, denn es genügt die Anordnung der Observation durch eine „Person mit Direktionsfunktion“. Versicherungen sind im Verfahren aber selber Partei, realistischerweise ist davon auszugehen, dass diese im Zweifel sehr schnell eine Überwachung anordnet.

 

Auch die erlaubten technischen Überwachungsmittel sind unverhältnismässig. Erlaubt sind der „Einsatz von technischen Instrumenten zur Standortbestimmung“, zum Beispiel GPS-Tracker und selbst den Einsatz von Drohnen ist nicht ausgeschlossen. Auch der Eingriff ins Privatleben ist unverhältnismässig, denn eine Person darf überwacht werden, wenn sie sich an einem Ort befindet, „der von einem allgemein zugänglichen Ort aus frei einsehbar ist“, das heisst, erlaubt ist damit die Überwachung privater Gärten, von Balkonen und Wohnungen, mithin auch von Wohn- und Schlafzimmern (mittels Teleobjektiven, Richtmikrophonen). Damit dürfen Privatdedektive der Sozialversicherungen stärker in die Privatsphäre von Verdächtigen eingreifen als zum Beispiel die Polizei bei Strafuntersuchungen.

 

Weil die Vorlage alle Versicherten zu Verdächtigten macht, die erlaubten Mittel zu Observation viel zu weit gehen und die Artikel sehr unsorgfältig und mehrdeutig formuliert sind, gehört das Gesetz zur Nachbesserung zurück an den Absender.