Luftverkehr: Prioritäten setzen

Regeln sind einzuhalten, sondern braucht es sie ja gar nicht. Die siebenstündige Nachtruhe hat die Bevölkerung in einer Volksabstimmung 2007 mit 63,2 % Ja-Stimmenanteil beschlossen. Einzig für nicht planbare Verspätungen darf die halbe Stunde von 23:00 – 23:30 Uhr genutzt werden. 2017 war einzig an zwei Tagen um 23:00 tatsächlich Betriebsschluss; offensichtlich wird die halbe Stunde praktisch wie «normale» Betriebszeit genutzt.

Das BAZL als Aufsichtsbehörde musste handeln und hat eine erste Massnahme verfügt. Auch dank jahrelangem Engagement des Schutzverbandes wird der Missstand in Bern endlich wahrgenommen. Ein Anfang also. Die Anzahl Slots abendlicher Starts und Landungen wird auf dem heutigen Stand eingefroren. Verspätungen ab 23:00 Uhr würden reduziert, nicht aber eliminiert.

 

Die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich begrüsst die Massnahme ausdrücklich, auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Flughafens. Tatsächlich ist die Begrenzung keine Kapazitätsreduktion, es braucht aber eine Priorisierung der bedeutenden Verbindungen. Starts und Landungen, die für die Anbindung unseres Wirtschaftsraumes an die wichtigen Zentren der Welt notwendig sind, sollen in den Nachtrandstunden Vorrang haben.

 

Der Anteil der Geschäftskunden am Luftverkehr sinkt, das rasante Wachstum findet in der Freizeit- und Ferienfliegerei durch Billig-Airlines statt. Online werden Flüge ausländischer Fluggesellschaften und Zimmer ausländischer Hotelkonzerne gebucht, um sich für wenig Geld eine Woche lang an einen Strand des Mittelmeeres zu legen. Das bringt kaum Wertschöpfung in der Schweiz und kaum volkswirtschaftlichen Nutzen. Dürften reine Ferienflieger nicht mehr die Nachtrandstunden nutzen, würde das Ticket zwar etwas teurer, die Überlastung aber reduziert.

 

Die Allgemeinheit subventioniert den Luftverkehr enorm: in der Schweiz fallen jährlich fast 1.5 Milliarden Franken an ungedeckten externen Kosten an; Gesundheits-, Klima- und Gebäudeschäden, Lärm. Trotz technologischem Fortschritt bedeutet mehr Fliegen immer auch mehr Kosten für alle – und mehr Lärm.

 

Das Wachstum kann so nicht weitergehen – in der Schweiz und weltweit. Beschränkende Massnahmen sind unumgänglich. Die Lebensqualität von Herrn und Frau Schweizer wird kaum beeinträchtigt, auch wenn er pro Jahr statt dreimal nur noch zweimal an den Strand fliegen kann. Dem berechtigten Anspruch der Bevölkerung um den Flughafen auf eine angemessene Nachtruhe wird aber etwas mehr Rechnung getragen.